Antworten auf aktuelle Fragen zu Auswirkungen von Neonikotinoiden

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Seit Beginn des Jahres erreichen das BVL zahlreiche Anfragen insbesondere von besorgten Imkern zu den Hintergründen und möglichen Auswirkungen der Behandlung von Winterraps mit einem Acetamiprid-haltigen Insektizid gegen den Rapsglanzkäfer sowie zu einer Notfallzulassung für ein Saatgutbehandlungsmittel mit dem Wirkstoff Thiamethoxam zur Behandlung von Zuckerrübensaatgut gegen Virusvektoren.

Konkrete Forderungen betreffen die folgenden Aspekte:

  1. „Die Pestizidanwendung in blühenden Pflanzenbeständen als unmittelbarste Kontaminationsquelle wirksam zu unterbinden,
  2. Pestiziden mit dem Neonicotinoid-Wirkstoff Acetamiprid keine Neuzulassung für diese Anbausaison zu erteilen,
  3. die Notfallzulassungen zur Saatgutbehandlung mit dem höchst bienentoxischen Neonicotinoid Thiamethoxam zurückzuziehen.“

Zu diesen Forderungen nimmt das BVL wie folgt Stellung:

Zu 1.

Das BVL hatte bereits im Jahr 2011 im Rahmen der Beratungen im Fachbeirat Nachhaltiger Pflanzenbau diskutiert, inwieweit die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in die Blüte untersagt werden kann, ohne die Ziele des Pflanzenschutzes und damit die regionale Lebensmittelversorgung sowie die Existenzgrundlage landwirtschaftlicher Betriebe zu gefährden. In den Beratungen wurde deutlich, dass bei einer größeren Zahl von Indikationen Blütenspritzungen unentbehrlich sind. Dazu zählen z. B.:

  • Raps: Sklerotinia und andere Pilzkrankheiten, Kohlschotenmücke, Rapsglanzkäfer
  • Apfel: Schorf, Mehltau, Kelchfäulen, Apfelsägewespe, Rüsselkäfer (Rotbrauner Fruchtstecher), Maikäfer, Spinnmilben, Mehlige Apfellaus, Fruchtschalenwickler, Frostspanner
  • Birne: Schorf (Blütezeit fällt in Hauptinfektionszeit des Schorfpilzes), Birnensägewespe, Rüsselkäfer (Rotbrauner Fruchtstecher), Birnengallmücke, Maikäfer, Fruchtschalenwickler, Frostspanner
  • Süß- und Sauerkirsche: Monilia, Sprühfleckenkrankheit, Rüsselkäfer (Rotbrauner Fruchtstecher, Kirschfruchtstecher, Kirschsteinstecher), Maikäfer, Frostspanner
  • Pflaume: Monilia, Narrenkrankheit, Pflaumensägewespe, Maikäfer, Blattlausarten, Frostspanner

Aber auch in den Kulturen Erdbeere, Strauchbeerenobst, Gurke, Erbse, Bohne und Spargel können Blütenspritzungen nicht vermieden werden.

Zu 2.

Der Wirkstoff Acetamiprid ist in der EU mit Durchführungsverordnung (EU) 2018/113 vom 24. Januar 2018 bis zum 28. Februar 2033 erneut genehmigt worden, eine Zulassung von Acetamiprid-haltigen Pflanzenschutzmitteln ist folglich rechtlich zulässig. Die gemäß den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 der Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung folgenden Überprüfungen der bestehenden Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff dauern an.

Zu 3.

Aufgrund der EU-Entscheidung im Jahr 2018, alle Freilandanwendungen von Pflanzenschutzmitteln mit den Wirkstoffen Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam zu verbieten, war es in der Vergangenheit nicht möglich, die bis zu dieser Entscheidung als sicher bewertete Behandlung von Zuckerrübensaatgut mit Neonicotinoiden weiterhin zuzulassen. Die EFSA hat als kritisches Szenario die Exposition von Bienen in blühenden Folgekulturen identifiziert. Diese Situation ist jedoch im Rahmen der regulären Fruchtfolge nach der Zuckerrübe auszuschließen.

Bei der Entscheidung über die aktuelle begrenzte Zulassung für Notfallsituationen in Zuckerrübe musste auch das hohe Risiko einer schnellen und starken Verbreitung des Vergilbungsvirus in besonders stark betroffenen Regionen berücksichtigt werden. Die betroffenen Bundesländer haben in ihren durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) genehmigten Anträgen auf Notfallzulassungen des Neonicotinoids Thiamethoxam für die Zuckerrübensaatgutbehandlung Starkbefallsregionen benannt, in denen Flächen mit mindestens 30 Prozent Vergilbungsrate liegen. Es wurden entweder Virusnachweise geführt oder Regionen genannt, in denen der zuständige Pflanzenschutzdienst für das Jahr 2021 mit einem Starkbefall rechnet. Deshalb ist die Notfallzulassung auf diese Gebiete begrenzt und wird durch restriktive Anwendungsbestimmungen flankiert, die in Verbindung mit den zu erlassenden Allgemeinverfügungen der betroffenen Bundesländer die Unbedenklichkeit der Saatgutbehandlung auch über den eigentlichen Zeitraum der Notfallzulassung hinaus sicherstellen. Der damit beschriebene Notfall muss gegenüber der EU-Kommission gerechtfertigt werden. Nach den dem BVL vorliegenden Informationen informieren die jeweiligen Bundesländer die Imker in den betroffenen Regionen, in Abstimmung mit den Imkerverbänden vor Ort, so dass eine zielgenaue Information gewährleistet ist. Der Deutsche Imkerbund (DIB) wurde seitens des BMEL und des BVL unmittelbar über die koordinierten Maßnahmen informiert.

Quelle:

https://www.bvl.bund.de/

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