Dem Lebensmittelbetrug auf der Spur

Mit einem neuartigen Verfahren lassen sich Lebensmittel-Importströme auf Unregelmäßigkeiten untersuchen. Nun wird der Einsatz der Software ausgeweitet.

Ein Team um Helmut Küchenhoff, Professor für Statistik und Leiter des statistischen Beratungslabors (StaBLab) der LMU, hat gemeinsam mit Fachleuten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Analysemethode „Import screening for the analysis of food risks“ (ISAR) entwickelt: „Unser Verfahren trägt dazu bei, Gesundheitsrisiken und Betrugspotenzial bei Lebensmitteln so früh wie möglich zu erkennen“, sagt Helmut Küchenhoff. Nun wird das Projekt, das an der LMU unter seiner Leitung steht, durch eine mehrjährige Kooperation mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ausgeweitet. Ziel ist dabei insbesondere die Weiterentwicklung der zugehörigen Softwarelösung.

Die grundlegende Idee und Konzeption des auf einer Warenstromanalyse basierenden Frühwarnsystems stammt von Experten des LGL, die Entwicklung der zugehörigen Methoden für die statistischen Auswertungen erfolgte durch die LMU. Das Verfahren wird bereits seit dem Jahr 2016 am LGL eingesetzt. Hintergrund ist, dass unter anderem Ernteausfälle oder Veränderungen in der Nachfrage starke Preisschwankungen bei Lebensmittelprodukten verursachen können. Dies kann den Erfahrungen der LGL-Fachleute zufolge zu erhöhten Betrugsanreizen führen, da sich durch die falsche Deklaration von Lebensmitteln mitunter stattliche Gewinnmargen erreichen lassen: Dann wird zum Beispiel versucht, die teuren Zutaten durch ähnliche, aber günstigere zu ersetzen, ohne dies zu kennzeichnen. Für Verbraucher kann dies unter Umständen auch gesundheitsgefährdend sein. Auch Veränderungen bei der Herkunft von Lebensmitteln können ein Risiko bedeuten, etwa wenn die Produkte ursprünglich vermehrt aus Regionen mit hohen Umweltbelastungen oder schlechten Hygienestandards kommen.

Das statistische Frühwarnsystem erfasst systematische Veränderungen bei Preisen und Mengen von Lebensmittelimporten und setzt diese in Bezug zum jeweiligen Herkunftsland. Dafür werden momentan monatlich 134.000 Datensätze der Außenhandelsstatistik des Statistischen Bundesamts automatisch ausgewertet und mit Methoden der statistischen Zeitreihenanalyse auf Auffälligkeiten überprüft. Liegt beispielweise die tatsächliche Preisentwicklung über der erwarteten, kann dies ein Signal für eine höhere Wahrscheinlichkeit von Betrugsfällen sein.

Für die LGL-Spezialisten hat sich der neue Ansatz bereits bewährt. So wurden sie dadurch auf einen abrupten Anstieg des Imports von Melonenkernen aufmerksam, welcher sich von 2015 auf 2016 auf rund 600 Tonnen verdreifachte, während Syrien zur selben Zeit zur neuen Haupt-Bezugsquelle aufstieg. Auf Basis dieser Ergebnisse und fachlicher Überlegungen wurden Untersuchungen angesetzt, die schließlich in knapp der Hälfte der untersuchten Proben gesundheitsschädliche Mengen des Schimmelpilzgiftes Aflatoxin ergaben. Die beanstandeten Lebensmittel wurden unmittelbar vom Markt genommen, die Gefahr für Verbraucher eingedämmt. Der Ernteausfall von Haselnüssen in der Türkei im Jahr 2014, der zu zahlreichen Produktverfälschungen führte, ist ein weiteres Beispiel, wie sich Lebensmittelbetrug über die Analyse von Handelspreisen und Warenströmen aufspüren lässt.

Quelle: https://www.uni-muenchen.de

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