Deutsche Mineralölverordnung belastet Wirtschaft und konterkariert Umweltschutz

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Berlin, 28.09.2020 -

Die deutsche und europäische Lebensmittel- und Verpackungswirtschaft kritisiert die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgenommene Notifizierung des Entwurfs einer deutschen Mineralölverordnung scharf.

"Hier wird ein nicht abgestimmter, zeitlich überholter und unbegründeter nationaler Alleingang verfolgt", sagt Dr. Sieglinde Stähle aus der Wissenschaftlichen Leitung beim Lebensmittelverband Deutschland.

Von den Auswirkungen der Verordnung wären massiv auch die Importeure nach Deutschland betroffen. Die Wirtschaft fordert deshalb die Mitgliedstaaten auf, im TRIS-Verfahren auf den Verzicht dieser nationalen Sonderregelung zu drängen, zum Schutz ihrer Wirtschaftskreise und des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt.

"Auch die Europäische Kommission ist aufgefordert, sich klar gegen die Vorgriffe Deutschlands in die Entwicklung und Ausgestaltung des Unionsrechts zu positionieren und sich für ein einheitliches Konzept für den Umgang mit Mineralöl-Kontaminanten einzusetzen", so Dr. Stähle.

Die Verordnung verdrängt Recyclingpapier durch Einsatz von Frischfaser, die weniger umweltfreundlich ist. Bleibt der Verpacker bei Recyclingpapier, erzwingt die Verordnung Verbundmaterialien (z. B. kunstoffbeschichteten Karton) und damit den Mehreinsatz von Material, das nicht recyclierbar ist. Alternativ müssen Innenbeutel verwendet werden, also Kunststoffverpackungen, deren Einsatz von Verbrauchern und Politik unerwünscht ist und zukünftig mit einer Plastiksteuer belegt werden soll.

Der Lebensmittelverband kritisiert das Verordnungsvorhaben der deutschen Politik auf drei Ebenen: (1) Der Gesetzentwurf sei veraltet und ignoriere die gute Herstellungspraxis, (2) er schade der Wirtschaft und dem europäischen Binnenmarkt und (3) er konterkariere die Nachhaltigkeitsziele der EU.

1. Das deutsche Verordnungsvorhaben ist veraltet und ignoriert den aktuellen Stand der Erkenntnisse und der Guten Herstellungspraktiken:

  • Die komplexen Eintragspfade von aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen (MOAH) in den Prozessketten erfordern viele differenzierte Lösungsansätze und keine pauschalen Maßnahmen bei Verpackungen aus Papier und Pappe.
  • Es gibt wirksame Hilfestellungen (Toolboxen) zur Behandlung aller potenziellen Eintragspfade in Lebensmittel, Rohstoffe, Packmittel und Verpackungskomponenten auf allen relevanten Wertschöpfungsstufen, die zu belegten Minimierungserfolgen geführt haben.
  • Von Wirtschaft und Lebensmittelüberwachung in Deutschland gemeinsam erarbeitete und empfohlene MOH-Orientierungswerte sind aktuell und in der Vollzugspraxis als Beurteilungsgrundlagen anerkannt. Quellenunabhängig ist kein relevantes Vorkommen von MOAH in Lebensmitteln feststellbar.


2. Das deutsche Verordnungsvorhaben schadet der europäischen Wirtschaft und dem Binnenmarkt:

  • Kostenfolgen durch den hohen Erfüllungsaufwand belasten dauerhaft auch Importeure der EU.
  • Eine grundsätzliche Anerkennung und freie Vermarktung von EU-rechtskonformen Produkten ist nicht vorgesehen.



3. Das deutsche Verordnungsvorhaben konterkariert europäische Nachhaltigkeitsziele und einheitlichen Verbraucherschutz:

  • Eine glaubwürdige konsistente Nachhaltigkeitspolitik im Sinne des Green Deal wird durchbrochen durch Mehreinsatz von Barriere- und Verbundmaterial zulasten von Recycling. Der Einsatz von Recyclingmaterial wird erschwert.
  • Vorrang muss der begonnene Prozess zur Novellierung der EU-Rahmenregelung Nr. 1935/2004 für Lebensmittelkontaktmaterial haben.
  • Aktuelle Daten für die Prüfung des Handlungsbedarfs wird das laufende EU-Monitoring liefern und die Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für MOAH als Kontaminante.


Die detaillierte Stellungnahme sowie Hinweise zum Verordnungstext hat der Lebensmittelverband auf seiner Website veröffentlicht.

 

Quelle:

https://www.lebensmittelverband.de/

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