Polyamid-Küchenutensilien: Kontakt mit heißen Lebensmitteln möglichst kurz halten

Kochlöffel, Pfannenwender oder Schneebesen: Küchenhelfer aus Polyamid (PA) leisten beim Backen, Braten und Kochen wertvolle Dienste. Allerdings können Bestandteile dieses Kunststoffes aus den Utensilien in die Lebensmittel übergehen und somit von Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Verzehr aufgenommen werden. 
 
Bei diesen Bestandteilen handelt es sich um Oligomere. Dies sind Verbindungen, die sich aus wenigen gleichartigen Molekülen einfacher Kunststoffbausteine zusammensetzen. Sie entstehen unbeabsichtigt bei der Kunststoffherstellung. Einige Oligomere können aufgrund ihrer geringen Größe aus dem Kunststoff in Lebensmittel übergehen. In dieser Stellungnahme werden die Oligomere aus zwei verschiedenen Polyamiden betrachtet, die hauptsächlich für die Herstellung von Küchenutensilien verwendet werden. Hierbei handelt es sich um PA 6 (Ausgangschemikalie Caprolactam) und PA 6,6 (Ausgangschemikalien Adipinsäure und Hexamethylendiamin).
 
Bereits in der Stellungnahme Nr. 014/2018 bewertete das BfR das gesundheitliche Risiko von ringförmigen Oligomeren, die aus PA der Sorten PA 6 und PA 6,6 in Lebensmittel migrieren. Mangels experimenteller toxikologischer Daten basierte die erste Einschätzung des gesundheitlichen Gefährdungspotentials auf dem „Threshold of Toxicological Concern“Konzept, welches Stoffe unbekannter Toxizität anhand ihrer chemischen Struktur in sogenannte Cramer-Klassen einteilt. Jeder dieser Klassen ist eine maximale tägliche Aufnahmemenge zugeordnet, bei der eine gesundheitliche Gefährdung unwahrscheinlich ist. Die betrachteten PA-Oligomere wurden der Cramer-Klasse III und damit einer täglichen Aufnahmemenge von 90 µg bezogen auf eine 60 Kilogramm schwere Person zugeordnet. 
 
Daten aus den Jahren 2016/2017 zeigten jedoch, dass aus Küchenutensilien weitaus höhere Mengen an ringförmigen PA-Oligomeren in Lebensmittel übergehen können. Um eine abschließende Risikobewertung durchführen zu können, empfahl das BfR den Herstellern von Lebensmittelkontaktmaterialien in seiner Stellungnahme, toxikologische Daten nach Vorgaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu erarbeiten und dem BfR zur Verfügung zu stellen. 
 
Inzwischen wurden dem BfR von den Herstellern entsprechende Studien zur Toxizität verschiedener zyklischer PA-Verbindungen vorgelegt. Basierend auf diesen neuen Daten konnten Oligomere von PA 6 (Dimer bis Oktamer) und PA 6,6 (Monomer bis Tetramer) in einem Gruppenansatz bewertet werden. Die Verbindungen werden als nicht genotoxisch eingeschätzt. In hohen Dosen treten allerdings gesundheitliche Effekte in der Leber und der Schilddrüse auf, die auf die Verstoffwechslung zurückzuführen sind. Aufgrund der vorliegenden Daten wird ein Übergang von 5 mg/kg Lebensmittel als GruppenMigrationswert der genannten Verbindungen als toxikologisch akzeptabel eingestuft. Zur Einordnung: Nach den Vorgaben der europäischen Kunststoffverordnung (EU) Nr. 10/2011 wird für einen Erwachsenen eine tägliche Verzehrmenge von einem Kilogramm Lebensmittel angenommen, das mit Lebensmittelkontaktmaterial in Berührung gekommen ist.

Die im den Jahren 2016/2017 untersuchte Gruppen-Migration ringförmiger PA-Oligomere aus Küchenutensilien lag in 23 von 33 Gegenständen unter 5 mg/kg LM. In 10 der 33 Gegenstände wurde allerdings eine Freisetzung von mehr als 5 mg/kg LM bestimmt. Auf eine Minimierung des Überganges von PA-Oligomeren sollte daher schon bei der Herstellung der Utensilien geachtet werden. Verbraucherinnen und Verbrauchern empfiehlt das BfR, bei der Verwendung von PA-Küchenhelfern den Kontakt mit Lebensmitteln, insbesondere bei hohen Temperaturen (größer als 70 °C) so kurz wie möglich zu halten.

Weitere Informationen

Quelle: Stellungnahme Nr. 036/2019 des BfR, www.bfr.bund.de

Zurück